Sonntag, 4. September 2016

Charlie Hebdo & das Erdbeben in Italien


Peppino Zola kommentiert die unsäglich dumme Zeichnungen von Charlie-Hebdo zum Erdbeben in Italien, die vom Stil her merkwürdigerweise stark an den "Stürmer" erinnern. Vielleicht sind diese Schmierereien auch Ergebnis einer posttraumatischen Störung nach dem Massaker. Daß die Geschmacklosigkeit Programm ist, wußten wir ja schon. Das Original in La Nuova Bussola Quotidiana kann man hier lesen:  klicken

  "WER ÜBER GOTT SPOTTET,  KANN DEN MENSCHEN NICHT RESPEKTIEREN"
"Das blutige Massaker, das im Namen Allahs an den Redakteuren von Charlie Hebdo durch die schrecklichen und grausamen islamistischen Terroristen begangen wurde, macht uns aus Pietät bei der Beurteilung der Verantwortung jener Zeitschrift "im Namen der unantastbaren Satire" vorsichtig und zurückhaltend.

Man aber auch die Zivil- und Kulturcourage haben, ein klares, nicht gewaltsames Urteil dazu abzugeben, was dieses Blatt schreibt, besonders in einer globalisierten Welt, in der alle alles beurteilen- auch mit Hilfe der neuen Kommunikationsmittel.
Die französische Zeitschrift kann aus bestimmten Gründen der Barmherzigkeit keine kulturelle Freizone sein, zu der niemand Zutritt hat, Mörder, islamische Terroristen- nur die Redakteure von Charlie Hebdo sind frei, zu veröffentlichen, was sie wollen und wir, das zu beurteilen.

Und deshalb erlauben wir uns, offen und ohne Zurückhaltung die Zeichnungen zu verurteilen, die diese Zeitschrift gegenüber den Opfern des Erdbebens kühn (nicht mit Mut zu verwechseln, weil es keinerlei Mut erfordert, unschuldige Opfer zu verspotten) veröffentlicht hat, Opfer des Erdbebens das in der wunderschönen Gegend von Amatrice um die 300 Tote forderte.

Das, was besonders erschüttert, ist das absolute Fehlen eines minimalen menschlichen Respekts gegenüber auf so dramatische und blutige Weise getöteten Männern, Frauen und Kindern.
Auch wirkliche Satire-Autoren widmen - besonders wegen tragischer und unvorhersehbarer Ereignissen getöteten Menschen- poetische und berührende Zeichnungen. Man kann also eine positive und konstruktive Satire angesichts der Konfrontation mit dem Tod machen: in unserem Fall nichts Derartiges. Nur grausamer und sinnloser Spott.




Außerdem haben diese unkultivierten Autoren sich der banalsten Allgemeinplätze über die Italiener, die wie üblicherweise mit Pasta und den entsprechenden Saucen (in diesem speziellen Fall à la Amatriciana) und-natürlich-mit der Mafia bedient.
Nicht zufrieden damit, die  Körper unserer Toten benutzt zu haben, aus ihnen Lasagne zu machen, hat Charlie Hebdo angesichts der allgemeinen Kritik eine neue Karikatur veröffentlicht, mit der ausgedrückt wird, das alles die Schuld der Mafia ist.

Wenn man an die Substanz dieser Frage geht, kann man in der Französischen Zeitschrift nur das klassische Beispiel dafür finden, was dreister Nihilismus bedeutet.
Charlie Hebdo hat eine Hymne an das Nichts geschaffen, ein Hymne an die Zerstörung, eine Enzyklopädie, die in kommenden Jahrhunderten verstehen lassen wird, in welchem absurden Klima wir in diesen dunklen Jahren gelebt haben. Jahre ohne Mitleid, zynische Jahre, zerstörerische Jahre- nicht nur wegen Erdbeben.

Die französische Zeitschrift (sicher unterstützt das kulturelle Klima in Frankreich diesen Nihilismus) hat mit der Verspottung Gottes, in seinen verschiedenen Verkörperungen, begonnen (auch der christlichen und jüdischen, nicht nur der muslimischen), danach konnten sie nicht aufhören, die gesamte Menschheit, in allen ihren Versionen zu verspotten und besonders in allen ihren Tragödien- ohne Mitleid und ohne Mitgefühl,
Wir können uns nicht nicht von dieser kulturellen Position distanzieren, die 2000 Jahre Christentum überschreiben. Etwas anderes als uns alle "Charlie" zu nennen.

Wir haben alle Grenzen, und wir beschränken uns zivilisiert selber,  um das Zusammenleben zu respektieren. Man versteht nicht, warum man weiterhin sagt, daß nur die Satire keine Grenzen haben soll. Die hier kritisierte Episode beweist dagegen, daß besonders Satire ein Grenze haben muß,wenn man weiterhin Mensch sein und weiterhin positiv zum Leben von und allen beitragen will.
Natürlich muß es seitens der Satiriker eine Selbstbeschränkung geben.
Wir sind  nicht wie die Champions des Einheitsdenkens (zynisch und Lügner), die das, was sie denken, als Gesetz einführen wollen. Freiheit für alle- aber im Respekt für die anderen- den Charlie verletzt und mit Füßen getreten hat."

Quelle: LaNuovaBussolaQuotidiana, Peppino Zola

p.s. die nach der ersten Empörungswelle aus Italien, die bis in die Pariser Redaktion schwappte, nachgeschobene "Erklärungs"-Karikatur ("Liebe Italiener nicht die Charlie H. hat eure Häuser gebaut, das war die Mafia") hat das Ganze nicht besser gemacht, eher das Gegenteil.
U.a. die F.A.Z berichtet: klicken
  

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