Sonntag, 1. Januar 2017

Amoris Laetitia, ein Ausblick

Pater Raymond de Souza hat für den NCR, dessen Herausgeber er ist, eine neue Analyse und einen Ausblick zur Debatte über Amoris Laetitia verfaßt. Lesenswert!
Hier geht´s zum Original: klicken

"DEBATTE ÜBER ´AMORIS LAETITIA´: Ein Ausblick"
 EINE NEUE ANALYSE 
Pater Raymond de Souza
"Offiziell war es das Barmherzigkeitsjubiläumsjahr, mit den Begleitgnaden. Aber 2016 war mehr das "Jahr von Amoris Laetitia". Seine fortgesetzte Rezeption kann auch im beginnenden Jahr zunehmend Verbitterung und Teilung produzieren,
In den 1990-er Jahren berief der Hl.Johannes Paul II mehrere Synoden ein, um das Große Jubiläum 2000 vorzubereiten. Die nachfolgenden apostolischen Exhortationen trugen die Titel "Ecclesia in Africa", "Ecclesia un America" und "Ecclesia in Oceania" etc. Als die letzte  "Ecclesia in Europa" 2003 veröffentlicht wurde, scherzte ich, daß man sie vielleicht als Box unter dem Gesamttitel "Ecclesiam ad Nauseam" (Kirche bis zum Erbrechen) zusammenfassen könne.
"Amoris Laetitia" ist noch kein Jahr alt und dennoch hat bereits ein gewisser Überdruss eingesetzt. In den letzten Monaten dieses Jahres hat sich die Debatte über Amoris Laetitia zunehmend aufgeheizt. Wie kann es dazu? Und was kann für 2017 erwartet werden?
Das Thema
Der umstrittenste Teil von "Amoris Laetitia" ist Kapitel 8, das sich mit der pastoralen Betreuung jener, die in "irregulären Situationen" leben, genauer also mit den Katholiken befaßt, die sakramental verheiratet waren, zivilrechtlich geschieden wurden und entweder in Kohabitation leben oder zivilrechtlich wiederverheiratet sind.
Sie leben ein eheliches Leben. während sie gültig mit jemand anderem verheiratet sind. Die traditionelle pastorale Praxis der Kirche war, daß solche Paare im Sakrament der Beichte keine Absolution erhalten konnten, es sei denn sie waren willens, die eheliche Beziehung zu beenden-entweder durch Trennung oder - wenn das als unmöglich erachtet wurde- durch Verzicht auf eine eheliche Beziehung. Ohne zumindest den Vorsatz das zu tun, hätte das erforderliche Ziel der Veränderung oder sogar die Reue gefehlt.
Ohne sakramentale Absolution konnte man- schuldig der außerehelichen Beziehung, die objektiv immer eine schwere Sünde ist- die Kommunion nicht empfangen.  
Dazu kommt, daß das Empfangen der Hl. Kommunion eine hochzeitliche Dimension hat- Christus der Bräutigam bietet sich selbst seiner Braut, der Kirche, in absoluter und unauflöslicher Treue dar- der wiederverheiratete Geschiedene gibt ein der Kommunion von Christus und der Kirche entgegengesetztes Zeichen.
Seit mindestens der 1970-er Jahre hat es-besonders in der deutschsprachigen Welt- anhaltende Anstrengungen gegeben, die pastorale Praxis der Kirche zu ändern und solchen Paaren zu erlauben. Absolution und Kommunion zu empfangen-ohne die erforderliche Absicht ihre Situation zu ändern.
Am prominentesten mit Kardinal Walter Kasper verbunden, wurde der Vorschlag mit Autorität von Johannes Paul II und Papst Benedikt XVI als mit der Lehre der Kirche unvereinbar abgelehnt -und das wurde so auch im Katechismus der Katholischen Kirche zum Ausdruck gebracht.
Familien-Synoden 2014, 2015
Papst Franziskus hält seit seinem allerersten Angelus im März 2013, vier Tage nach seiner Wahl, an Kardinal Kasper als Modell-Theologen fest. Im Februar 2014 lud er Kardinal Kasper dazu ein, eine Rede vor dem Kardinalskollegium zu halten, in der Kasper für eine Änderung der Kirchenpraxis warb.
Als die Kardinäle Kaspers Vorschläge strikt als mit dem Katholischen Glauben unvereinbar ablehnten, kam der Hl. Vater selbst dem umkämpften Kardinal zu Hilfe und wies darauf hin, daß das Thema auf der Agenda der beiden Familien-Synoden im Oktober 2014 und 2015 stehen würden.
Im August 2015 deutete Papst Franziskus auf obskure Weise an, daß er nicht an der klaren Lehre des Hl. Johannes Paul II  von "Familiaris Consortio" (1981) und "Reconciliatio et Paenitentia" (1984) -zusammen mit Papst Benedikts  "Sacrametnum Caritatis" (2007) festhalten wolle.
Er zitierte die relevanten Texte ließt aber absichtlich ihre abschließende Lehre und die fraglichen Punkte aus.

Unterstützer von Kardinal Kaspers Position versuchten, die Synode von 2015 dazu zu bringen, eine Modifizierung der geltenden Lehre zu stützen. Die Synodenväter weigerten sich, das zu tun.
Ihnen wurde die Gelegenheit verweigert, darüber abzustimmen, ob die Lehre des Hl. Johannes Paul II in Gänze gültig bleibe. Statt dessen stimmten sie über den mehrdeutigen Wunsch ab, solche Paare "in eine vollere Teilnahme am Leben der Kirche" einzuschließen.
In den relevanten Abschnitten des Schlussberichtes der Synode kommen die Worte "Sakrament" und "Heilige Kommunion"nicht vor.



Papst Franziskus war über das Ergebnis der Synode nicht erfreut und beendete die Sitzung mit einer Brandrede, in der er die, die Kardinal Kaspers Vorschlägen ablehnten, als solche charakterisierte, die "Steine auf die Leidenden und Verletzlichen werfen wollten". Die Saat von Verbitterung und Teilung, die im folgenden Jahr aufblühte, wurde vom Hl. Vater mit dieser heftigen Denunzierung derer, die mit ihm nicht einer Meinung waren, gelegt.

Warum ist das wichtig?
Ist der Widerstand gegen Kardinal Kaspers Vorschläge das ideologische Festhalten an engstirnigen Regeln durch Hirten, die wie Pharisäer sind, die Jesus selbst in der Art aufwiegelnder Sprache, die Papst Franziskus benutzt, tadelt? Wird der Wunsch, entgegenkommender  zu sein, nur von denen abgelehnt, die Papst Franziskus als jene definiert, die eine "strengere Pastoral, die keinen Raum für Verwirrung läßt" vorziehen (Amoris Laetitia, 308) ? 
Was steht -nach dem, was die denken, die dem Hl. Vater widersprechen, auf dem Spiel?
Es ist nicht der unwürdige Empfang der Kommunion an und für sich. Das passiert in fast jeder Pfarrgemeinde jeden Sonntag in großer Zahl, nachdem die Praxis der sakramentalen Beichte an vielen Orten sehr selten geworden ist.
Viele Leute empfangen die Kommunion, die objektiv im Stand der Todsünde sind. Für die pastorale Praxis wäre es ernst, Menschen zu raten, die Kommunion zu empfangen, wenn sie es nicht sollten, aber die bestehende Regel ist, daß das geschieht, ohne daß überhaupt darüber gesprochen wird.

Ehe ist das Schlüsselthema. Ist es möglich, daß jemand, der in einer ehelichen Beziehung mit einem Partner lebt, der nicht der gültig angetraute Partner ist, in Gottes Augen wohlgefällig ist?
Ist es möglich "mit einer gewissen moralischen Sicherheit zu wissen, daß es das ist, was Gott für die konkrete Komplexität der eigenen Grenzen will, wenn auch nicht das volle ideale Ziel", wie "Amoris Laetita" es darstellt (303)?
Wenn das der Fall sein sollte, dann würde das untrennbare Band zwischen Ehe und sexueller Beziehung- so wie sie in einer gültigen Ehe moralisch legitim ist- im Prinzip zerrissen.
Die Gegner von Kardinal Kaspers Vorschlägen sehen, daß das Herz der sexuellen Revolution die Trennung dieser Dinge ist, auf denen die Christliche Tradition immer als gottgewollt zusammengehörig bestanden hatte: Sex und Liebe, Sex und Ehe, Sex und Procreation.

Wenn die Kirche lehren würde, daß es Situationen gibt, in denen einem Paar, das nicht gültig miteinander verheiratet ist, erlaubt ist, eine sexuelle Beziehung zu haben, würde eine große Auflösung beginnen.
Was wäre mit Paaren, die denken, daß"die Komplexität der eigenen Grenzen" eine Ehe nicht zuläßt?
Man sollte daran erinnnern, daß, als die Anglikanische Gemeinschaft zuerst die Loslösung von der Christlichen Tradition von Sex und Ehe erlaubte, es sich um den sehr viel begrenzteren Fall des gelegentlichen Gebrauchs von Kontrazeptiva durch einige verheiratete Paare handelte.
Kardinal Kaspers Vorschlag geht sehr viel weiter als das.
Die Logik seines Vorschlags bedroht nicht nur die Ehe, sondern läßt sich auf jede Situation anwenden, in der ein Mensch, der sich der Schwere seiner sündhaften Handlung bewußt ist und plant, auf diesem Weg dennoch weiterzugehen. Im November hat der Bischof von Atlantic City-ausdrücklich das pastorale Beispiel von Papst Franziskus zitierend- ein statement veröffentlicht, in dem er die Möglichkeit für einen Priester vorsieht, einem Menschen die Abolution und das Viaticum zu spenden, der vorsätzlich einen assistierten Selbstmord plant.

Fortsetzung folgt.....

Quelle: NewCatholicRegister, Father Raymond J. de Souza

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