Donnerstag, 9. Juni 2016

Sandro Magister: "Alice im "Amoris Laetitia"Land"

Sandro Magister berichtet bei www.chiesa über die vernichtende Kritik einer australischen Gelehrten an der postsynodalen Exhortation ."Wir haben jeden Grund unter den Füßen verloren und fallen wie Alice in ein Paralleluniversum, wo nichts ist, wie es zu sein scheint."
Hier geht´s zum Original:   klicken


                                                            

  "ALICE IN AMORIS LAETITIA LAND"
"Behalten Sie die Autorin dieses Buches im Auge, und die erste kritische Ausgabe eines Meisterwerkes der Hl. Basilius des Großen, dessen Original griechische Version verloren ging und uns in der antiken syrischen Version -in den 5 vor zwei Jahren vom historischen Verlag Brill-(seit dem 17. Jahrhundert in den Niederlanden) veröffentlicht- überliefert wurde.

Die Autorin ist Anna M. Silvas, eine der weltbekanntesten Spezialistinnen für Kirchenväter besonders der des Ostens. Sie gehört der Griechisch-Katholischen-Kirche Rumäniens an und lebt in Armindale, Australien, in Neu-Südwales.
Sie lehrt an der Universität von Neu-England und an der Australischen Katholischen Universität. Ihre Hauptgebiete sind die Väter Kappadokiens-Basilius, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, die Entwicklung des weiblichen Mönchstums und der Asketizismus der frühen  Christentums im Mittelalters.
Sie gibt auch Kurse zu Ehe, Familie und Sexualität in der Katholischen Tradition am Päpstlichen Johannes-Paul-Institut zu Ehe und Familie in Melbourne. 

Hier folgt ihr Kommentar zur postsynodalen apostolischen Exhortation "Amoris Laetitia", den sie vor einem großem Auditorium von Bischöfen und Priestern abgab und der dann auf der website der Pfarrgemeinde des Seligen John Henry Newman in Caulfield North in der Nähe von Melbourne veröffentlicht wurde.

                                    "Einige Sorgen über Amoris Laetitia"
                                                  von Anna M. Silvas    

" In dieser Rede möchte ich einige der dringendsten Sorgen ausdrücken, die ich zu "Amoris Laetitia" habe. Ich habe meine Überlegungen in drei Sektionen eingeteilt. Der erste Teil drückt die allgemeinen Sorgen aus, Teil 2 dreht sich um das jetzt unrühmliche Kapitel 8 und Teil 3 befaßt sich mit einigen Folgen von Amoris Laetitia für die Priester und den Katholizismus.
Ich bin mir bewußt, daß Amoris Laetitia als apostolische Exhortation nicht unter die Unfehlbarkeit fällt. Dennoch ist es ein Dokument des ordentlichen päpstlichen Lehramtes und macht so den Gedanken, es besonders auf doktrinaler Basis zu kritisieren, besonders schwierig. Das scheint mir eine präzedenzlose Situation zu sein . Ich wünschte, es gäbe mehr große Heilige wie den Hl. Paulus oder den Hl. Athanasius oder den Hl.Bernhard oder die Hl. Katharina von Siena, die den Mut hätten und die spirituelle Gabe der Prophezeiung der wahren Art, um gegenüber dem Nachfolger Petri die Wahrheit auszusprechen und ihn zu einer besseren Geisteshaltung zurückzurufen.
In dieser Stunde scheint sich die hierarchische Autorität der Kirche in einer Art  seltsamer Lähmung zu befinden.
Wo sind die Heiligen des Intellekts, lange gereinigt durch den Kontakt in Gebet und Askese mit dem lebendigen Gott, begabt und gesalbt durch das Wort, die einer solchen Aufgabe gewachsen wären? Wo sind sie?





                                                      Allgemeine Sorgen

Eingemeißelt in Steintafeln durch den Finger des Lebendigen Gottes (Ex. 31:18, 32.159) sind die 10 "Worte" die der Menschheit für alle Zeiten verkündet wurden: "Du sollst nicht ehebrechen" (Ex.20,14) und "Du sollst nicht deines Nachbarn Weib begehren". (Ex.20:17)
       
Unser Herr selbst erklärte:"Wer immer sich von seiner Frau trennt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch an ihr" (Mk.10:11)

Und der Apostel Paulus wiederholte den Ausspruch :"Sie wird Ehebrecherin genannt werden, wenn sie mit einem anderen Mann lebt,während ihr Ehemann noch lebt. (Röm 7:3)

In ohrenbetäubender Abwesenheit fehlt der Begriff  "Ehebruch" ganz im Wörterbuch von "Amoris Laetitia". Statt dessen haben wir etwas, das "irreguläre Verbindungen" oder "irreguläre Situationen"genannt  wird, mit dem dopppeltem "irregulär" markiert, als ob es den Autor von seinem Gebrauch distanzieren solle.

"Wenn ihr mich liebt" sagt unser Herr, "haltet meine Gebote" (Joh. 14:15) und das Evangelium und die Briefe des Hl. Johannes wiederholen diese Aufforderung des Herrn auf verschiedene Weise.
Sie bedeutet, daß unser Verhalten nicht durch unser persönliche Fühlen gerechtfertigt wird sondern daß unsere persönliche Disposition durch unser Verhalten verifiziert wird, d.h. im Gehorsamsakt.
Leider- wenn wir in "Amoris Leaetitia"schauen, finden wir, daß auch die Gebote völlig in ihrem Wörterbuch fehlen, ebenso wie Gehorsam.
Statt dessen haben wir etwas, das "Ideale" genannt wird, und das wiederholt im Dokument vorkommt.

Ich vermisse auch andere Worte in der Sprache dieses Dokumentes,z.B. die Gottesfurcht. Wissen Sie, diese Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit, eine der Gaben des Hl. Geistes. Aber tatsächlich ist diese heilige Gottesfurcht lange aus dem weiten, modernen katholischen Diskurs verschwunden.
Es ist der semitische Ausdruck für das "eulabeia" und "eusebia" des Griechischen und die "pietas" und "religio" des Lateinischen. Das Herz einer gottzugewandten Disposition, der wahre Geist der Religion.

Ein anderer Ausdruck, der ebenfalls im Wörterverzeichnis von Amoris Laetitia fehlt, ist "das ewig Heil". Man findet keine unsterbliche Seele, die der ewigen Erlösung bedarf in diesem Dokument!
Wahr ist, wir haben da "ewiges Leben" und "Ewigkeit"  in den Nr. 166 und 168 , als die anscheinend unausweichliche Erfüllung des Schicksals eines Kindes, aber ohne jeden Hinweis auf irgendwelche Gebote der Gnade und des Kampfes, kurz gesagt der ewigen Rettung, die mit ihrer Erlangung verbunden sind.

Es ist, als ob die eigene glaubenserfüllte intellektuelle Kultur auf das Echo gewisser Worte hin geformt wird, auf die man hört und ihre Abwesenheit klingt in meinen Ohren. Schauen wir also, was wir im Dokument selbst finden.

Warum ist es mit allen seinen Worten und Seiten mehr als dreimal so lang wie "Familiaris Consortio"?  Das ist sicher ein großer Mangel an pastoraler Höflichkeit.
Dennoch möchte Papst Franziskus, daß jeder Teil davon "geduldig und aufmerksam" gelesen werden soll (Nr..7)
Nun, einige von uns werden das tun müssen. Und so Vieles davon hat einen ermüdenden, leichtgewichtigen Charakter. Insgesamt finde ich die Texte von Papst Franziskus- nicht nur diesen-  sondern auch jeden anderen flach und ein eindimensional.
"Künstlich" könnte es umfassen und "leicht" ebenso, kein Sinn für Tiefe, die unter heiligen und wahren Worten liegen könnte, die uns einladen in die Tiefe vorzudringen.

Einer der am wenigsten erfreulichen Züge von "Amoris Laetitia" sind Papst Franziskus´viele ungeduldige  Wegwerfkommentare, billige Schüsse, die die Tonart so herabsetzen. Man bleibt oft ratlos zurück, was die Ursache für diese Kommentare ist.
Z.B.belehrt er in der unrühmlichen Fußnote 351 die Priester, daß "der Beichtstuhl keine Folterkammer sein soll". Eine Folterkammer?

In einem anderen Beispiel, in Nr. 36, sagt er "Wir stellen die Ehe oft so dar, daß ihr einigender Sinn , ihr Zweck, in Liebe zu wachsen und ihr Ideal gegenseitiger Hilfe vom fast exklusiven Bestehen auf der Pflicht zur Prokreation überschattet wird."

Jeder auch nur halbwegs mit der Entwicklung der Ehe-Doktrin Vertraute, weiß, daß das "einigende Gute" einen großen Teil seiner erneuerten Betonung zumindest seit "Gaudium et Spes" N.49 erhielt, mit einer Geschichte von einigen Jahrzehnten im Hintergrund.

Für mich sind diese impulsiven unbegründeten Karikaturen dessen, was die Würde und die Ernsthaftigkeit einer apostolischen Exhortation ausmachen sollte, unwürdig.

In den Nummern 121 und 122 haben wir ein perfektes Beispiel für die erratische Qualität des Diskurses von Papst Franziskus.
Zuerst beschreibt er die Ehe als "Wertvolles Zeichen " und als die "Ikone der Liebe Gottes für uns", und nach wenigen Zeilen wird dieses Bild von Christus und seiner Kirche zu einer "ungeheuren Last", die man den Ehegatten aufbürdet. Er hat diesen Ausdruck früher in Nr. 37 benutzt. Aber wer hätte je plötzliche Perfektion von den Verheirateten erwartet, der nicht die Ehe als ein Projekt des Wachsens im Leben aus dem Sakrament versteht?

Die Sprache Papst Franziskus´ von Emotionen und Leidenschaften (Nr. 125,242, 143,145) schuldet den Kirchenvätern oder den Exponenten  des spirituellen Lebens in der Großen Tradition nichts, sondern eher der Mentalität der populären Medien. Sein simples Aufblasen des Eros und der sexuellen Begierde in Nr. 151 unterwirft sich der säkularen Sicht  und ignoriert Papst Benedikts "Deus Caritas Est", die tief in eine gedankenreiche Darstellung des Geheimnisses von Eros und Agape  und des Kreuzes eindringt.

Man fühlt sich unwohl mit der zweideutigen Sprache der Nummern 243 und 246, die andeutet, daß es der Fehler der Kirche sei oder etwas, wofür sich die Kirche dringend entschuldigen müßte, wenn ihre Mitglieder in eine offen ehebrecherische Beziehung eintreten und sich so selbst von der Hl. Kommunion ausschließen. Das ist die dominierende Idee, die das gesamte Dokument durchzieht.

Mehrmals habe ich in der Lektüre des Dokumentes innegehalten und mich gewundert "seit mehreren Seiten habe ich nichts von Christus gehört" . Und nur zu oft werden uns lange Traktate selbstgemachter onkelhafter Ratschläge zugemutet, die jeder säkulare Journalist ohne den Glauben geben könnte,etwa auf den Seiten des Reader´s Digest oder einer Lifestyle-Beilage einer Wochenend-Zeitung.

Es ist wahr, einige Doktrinen der Kirche werden robust aufrecht gehalten, z.B. gegen gleichgeschlechtliche Ehen (Nr.52) und Polygamie (Nr.53) Gender-Ideologie (Nr.56) und Abtreibung (Nr.63) . Es gibt Zustimmung zur Unauflöslichkeit der Ehe (Nr.63) und ihren prokreativen Zweck , ein Aufrechthalten von "Humanae Vitae" (Nr 68 , 83) das unabhängige Recht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder (Nr.84) und das Recht jedes Kindes auf eine Mutter und einen Vater (Nr. 176,177) Man kann sogar gelegentlich poetische Gedanken finden, so wie den "Blick der kontemplativen Liebe zwischen den Gatten (Nr. 127, 128) oder das Reifen eines guten Weines als Bild für das Reifen der Ehegatten (Nr. 153).

Aber diese ganze lobenswerte Lehre wird unterminiert, wie ich finde-von der Gesamtrhetorik der Exhortation und der des gesamten Pontifikates von Papst Franziskus.
Diese Bestätigung der Katholischen Doktrin ist willkommen, aber man muß fragen, haben sie ein bißchen mehr Gewicht als das eines vorübergehenden und....Enthusiasmus des derzeitigen Inhabers der Stuhles Petri?
Mir ist es hier ernst. Mein Gefühl sagt mir, daß die nächste Position, die in Gefahr ist zu zerbröckeln, die der gleichgeschlechtlichen Ehe ist.
Wenn es möglich ist, ein Rechtfertigung für den Zustand objektiven Ehebruchs zu konstruieren, auf der Basis der "konstruktiven Elemente jener Situationen, die  noch nicht mit der Kirchenlehre übereinstimmen (Nr.292)  , wenn solche Vereinigungen eine besondere, legal anerkannte Stabilität erreichen, charakterisiert durch tiefe Liebe und Verantwortung für ihre Kinder (Nr. 292) usw. - wie lange wird man diese Rechte gleichgeschlechtlichen Partnern vorenthalten können?
Und ja, Kinder können betroffen sein, wir wir sehr genau aus der HS-Agenda wissen. Schon scheint der Herausgeber des Katholischen Katechismus (Kardinal Christoph Schönborn),auf dessen Hermeneutik von Amoris Laetitia als "Entwicklung der Doktrin" Papst Franziskus sich bezogen hat,
ein Potential der "guten gleichgeschlechtlichen Verbindungen" zu entwickeln."

Fortsetzung ( Kapitel 8 lesen) folgt.

Quelle: Anna M. Silva

Fußnote von Sandro Magister:
"Der Originaltext des Kommentars ist mit Fußnoten ausgestattet und es folgt ein Zitat des Hl.Basils, das hier ausgelassen wurde.
Aber sonst kein Wort. Ana Silvas Kommentar ist ein Must-Read. Brilliant scharfsinnig, fachmännisch, geradeaus. Ein leuchtendes Beispiel für jene "Parrhesia", die die Pflicht jedes getauften Christen ist."

Quelle. Sandro Magister, www.chiesa
 





  

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